Zwangsarbeit
Zur Zwangsarbeit im Dritten Reich
Die Nationalsozialisten schufen eines der größten Zwangsarbeitssysteme der Geschichte: Über zwanzig Millionen ausländische Zivilarbeitskräfte, Konzentrationslager-Häftlinge und Kriegsgefangene mussten im Verlaufe des Zweiten Weltkriegs für Deutschland arbeiten, über 12 Millionen davon in Deutschland selbst. Allein im Sommer 1944 arbeiteten neben sechs Millionen zivilen Arbeitskräften auch zwei Millionen Kriegsgefangene und über eine halbe Million KZ-Häftlinge im Deutschen Reich. Man kann damit behaupten, dass die Zwangsarbeiter:innen die landwirtschaftliche Versorgung und die Rüstungsproduktion überhaupt erst aufrecht erhielten.
Die Lebensbedingungen der zwangsweise in oder für Deutschland arbeitenden Menschen waren je nach Nation, rechtlichem Status und Geschlecht unterschiedlich. Menschen aus der Sowjetunion (in der NS-Sprache sogenannte “Ostarbeiter”) und aus Polen waren der Willkür der Gestapo und anderer polizeilicher Dienststellen wehrlos ausgeliefert. Sie durften ihre Lager oft nur zur Arbeit verlassen und mussten entsprechende Kennzeichen (“OST“, “P“) auf der Brust tragen. Viele Vorurteile in der Bevölkerung sorgten dafür, dass es zu vielen zusätzlichen Beleidigungen, Denunziationen und Misshandlungen kam. Am schlimmsten war aber wohl das Schicksal der Konzentrationslager-Häftlinge, vor allem der zur “Vernichtung durch Arbeit” vorgesehenen Jüdinnen, Juden, Sinti und Roma.
Zwangsarbeiter:innen wurden in schäbigen Baracken untergebracht. Sie bekamen kaum zu Essen und litten ständig unter Hunger. Eine Arbeitsschicht dauerte häufig bis zu 12 Stunden am Stück. In der wenigen Freizeit versuchten sie auf dem Schwarzmarkt Brot zu kaufen oder putzten für ein Mittagessen in einem deutschen Haushalt. Damit konnten sich auch ärmere Deutsche ein Dienstmädchen oder einen Bauarbeiter ins Haus holen – wortwörtlich “für ein Butterbrot”. Trotz der verheerenden Lebensbedingungen in der besetzten und ausgeplünderten Heimat versuchten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter immer wieder zu fliehen; auch gab es Ansätze zu Widerstand und Sabotage. Beim geringsten Verdacht drohte die Einweisung in ein KZ oder sogar die sofortige Hinrichtung.
Ein Zwangsarbeiter in der Küche der Gaststätte Darius, Krefelder Str. in Viersen.
Zwangsarbeit in Viersen
Auch in Viersen waren zahlreiche Zwangsarbeiter:innen eingesetzt. Sie mussten insbesondere in Fabriken und auf Bauernhöfen ihrer Tätigkeit nachgehen. Schulen, Arbeitslager und Fabrikhallen dienten als Unterkunft. Auch im Zuchthaus/Gefängnis in Anrath wurden Zwangsarbeiter:innen nicht “nur” vermittelt, sondern auch eingesetzt. Insgesamt wurden in Viersen mindestens 6.500 Zwangsarbeiter:innen (ohne Bauernhöfe, ohne Zuchthaus/Gefängnis) eingesetzt. Zahlreiche von ihnen kamen zu Tode und wurden auf den hiesigen Friedhöfen nebeneinander begraben. Unterlagen über die genaue Gesamtzahl und deren Arbeitsstellen existieren für Viersen nicht (mehr).
Sowjetische Zwangsarbeiter im Saal der Gaststätte Darius, Viersen.
Grab von Zwangsarbeiter:innen auf dem Dülkener Friedhof.
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges, genauer ab dem 4. April 1945 brachten die Amerikaner alle Zwangsarbeiter:innen in der Festhalle unter. Als die Zustände dort unhaltbar wurden, ließen die Amerikaner am 18. April alle Häuser des Straßenkreuzes Sittarder Straße/Rahserstraße räumen und brachten die Menschen dort unter. In der Gaststätte Hommen wurde eine Großküche eingerichtet. Nach etwa zwei Wochen wurden alle unter amerikanischer Bewachung auf Sattelschleppern nach Köln-Wahn transportiert. Dort lebten sie in Baracken des ehemaligen deutschen Truppenübungsplatzes und warteten auf eine Möglichkeit in ihre Heimatländer zurückzukehren.