NSDAP Gauleitung

Das Mitgliederwachstum in der Partei wurde durch eine allgemeine Mitgliedersperre zum 1.5.1933 vorübergehend gebremst. Dennoch hatten sich sowohl Strukturen als auch Funktionen der NSDAP mittlerweile grundlegend verändert. Die Parteiorganisation musste jetzt dafür Sorge tragen, die neuen Mitglieder auch zu integrieren. Deshalb baute sie einen eigenen bürokratischen Apparat auf. Der „Gau“ war das größte Verwaltungsgebiet der NSDAP, in „Kreise“ eingeteilt, die ihrerseits aus „Ortsgruppen“ und „Stützpunkten“ bestanden. 1939 gab es reichsweit 42 Gaue, die Auslandsorganisation der NSDAP galt als 43. Gau. Gauleiter waren die Hitler unmittelbar unterstellten Regionalführer.

Zunächst schufen die Gauleiter eine Vielzahl neuer Ämter, um die alltägliche Parteiarbeit zu koordinieren. Aus diesem Prozess, der 1935/1936 größtenteils abgeschlossen war, gingen die NSDAP-Gauleitungen hervor. Sie bildeten eigenständige Verwaltungsapparate und waren im Rheinland in den großen Städten Düsseldorf, Essen, Koblenz und Köln ansässig. Eine Gauleitung umfasste die so genannten Verwaltungsämter, zu denen das Gauschatzamt, das Gaugericht und die Gaugeschäftsführung zählten. Des Weiteren gehörten zu ihr die Führungsämter, also der Gauleiter und sein Stellvertreter, das Gauschulungsamt, das Gaupersonalamt, das Gauorganisationsamt und das Gaupropagandaamt. Hinzu kamen spezielle Gauämter wie die Gauwirtschaftsberater, das Gauamt für Kommunalpolitik oder das Gauamt für Bevölkerungspolitik und Rassenfragen. Die Gliederungen der NSDAP waren nur mit Sonderbeauftragten im Gaustab vertreten und nicht institutionell an diesen gebunden. Ähnliches galt für die angeschlossenen Verbände der NSDAP. Ihre Gauwaltungen waren nur lose in die Gauleitung integriert und in eigenen Verwaltungsgebäuden untergebracht. In Düsseldorf arbeiteten am 1.1.1935 insgesamt 121, in Essen 99, in Koblenz-Trier 153 und in Köln-Aachen 189 Politische Leiter in den Gauleitungen.

Viersen gehörte zum Gau Düsseldorf. Gauleiter war Friedrich Karl Florian.

Der Sohn eines Oberbahnmeisters aus Ostpreußen besuchte die Realschule in Essen und Landkreis Stallupönen. Zwischen 1912 und 1929 war er als Grubenbeamter in Buer beschäftigt. Im Ersten Weltkrieg meldete er sich als Kriegsfreiwilliger und wurde als Infanterist und Jagdflieger eingesetzt.

Seit 1920 war Florian Mitglied des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes. Er gründete die Ortsgruppe Buer des „Verbandes National-Gesinnter-Soldaten“ und übernahm Funktionen im „Westfalentreubund“. 1924 schloss er sich dem zur Umgehung des NSDAP-Verbots gegründeten „Völkisch-Sozialen Block“ und der „Nationalsozialistischen Freiheitsbewegung“ an. 1925 gründete er die Ortsgruppe Buer der NSDAP und trat in die SA ein. 1927 wurde er Kreisleiter der Partei im Kreis Emscher-Lippe. Vom 1. Januar 1930 bis zur bedingungslosen Kapitulation des Dritten Reichs am 8. Mai 1945 war er Gauleiter des Gaues von Düsseldorf.

Ab der Wahl im September 1930 war Florian auch Mitglied des Reichstages. Weiterhin gehörte er dem Preußischen Staatsrat an und war Vorsitzender des Rheinischen Gemeindetags. Abgeordneter im Reichstag blieb er bis 1945. Am 1. Mai 1936 wurde er in die Reichsleitung berufen. Ab 25. September 1933 wurde er SA-Gruppenführer und am 30. Januar 1937 SA-Obergruppenführer. 1939 wurde er Reichsverteidigungskommissar. 1941 gehörte er zu den geladenen Gästen bei der Eröffnungsfeier des vom NS-Chefideologen Alfred Rosenberg initiierten Instituts zur Erforschung der Judenfrage.

Er war darüber hinaus dafür verantwortlich, dass noch kurz vor Sprengung der Oberkasseler Rheinbrücke/Skagerrak-Brücke am 3. März 1945 in Düsseldorf minderjährige Hitlerjungen aus dem linksrheinischen Stadtteil Oberkassel geholt und völlig unzureichend bewaffnet südöstlich von Düsseldorf in einem aussichtslosen Kampf gegen amerikanische Panzertruppen eingesetzt wurden. Aus der Oberkasseler Hitlerjugend überlebten nur zwei der Jugendlichen.

Am 16. April 1945 versuchten einige Düsseldorfer Bürger, darunter der stellvertretende Polizeipräsident Franz Jürgens, die lokalen nationalsozialistischen Autoritäten festzusetzen, um Düsseldorf kampflos den amerikanischen Truppen zu übergeben. Fünf Bürger wurden nach Urteil eines Standgerichts und auf Befehl des Gauleiters Friedrich Karl Florian erschossen. Das Urteil des Standgerichts wurde später vom Bundesgerichtshof bestätigt und erst 1999 infolge des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile aufgehoben. Mit dieser Tat hat sich Florian in die Liste der Endphasenverbrecher eingegliedert.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er interniert, 1951 aber aus der US-Internierung entlassen. Eigenen Angaben zufolge hatte sich Florians politische Gesinnung durch die Internierung nicht geändert. Die Vertriebenenverbände ermöglichten ihm, diverse Artikel über ihre verlorene Heimat zu schreiben, womit Florian seinen Lebensunterhalt bestritt. Der vom Nazi Werner Naumann, dem letzten Staatsekretär des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels, gegründete Geheimbund „Gauleiterkreis“ versuchte 1952/53, den FDP Landesverband NRW zu unterwandern. Dies wurde vom britischen Geheimdienst aufgedeckt.

Im Zuge der 68er Studentenbewegung wurde Florian zum Ziel von Protestaktionen. Hintergrund war sein Verhalten in den letzten Tagen und Wochen des Zweiten Weltkrieges. Nach Schilderung von Zeitzeugen hatte er die Exekution von Zwangsarbeitern noch in den letzten Stunden vor Einmarsch der alliierten Streitkräfte wegen Nichtigkeiten veranlasst. In einer Reaktion auf die Protestaktionen der Studenten bezeichnete er sich in einem ausführlichen Leserbrief an die Rheinische Post selbst als „unbescholtenen Bürger“ und zeigte keinerlei Reue für sein damaliges Verhalten. Im März 1967 war Florians Wohnung durchsucht worden, da er im Verdacht der Verbreitung verfassungsfeindlicher Publikationen sowie der Volksverhetzung stand. Bei der Durchsuchung wurden unter anderem Adresslisten ehemaliger NSDAP-Mitglieder beschlagnahmt, mit denen Florian weiterhin in Kontakt stand.