Land­gericht Mönchen­gladbach

Das Landgericht Mönchengladbach befindet sich bis heute an der Hohenzollernstr. 157.

Präsidenten

  • Dr. Karl Führ (1.8.1930 bis 31.11.1933)
  • Dr. Paul Starting (1.12.1933 bis 30.11.1937)
  • Karl Struve (1.12.1937 bis 5.8.1945)
  • Dr. August Münker (6.8.1945 bis 31.7.1948)

Strafverfolgungsbehörde

  • Oberstaatsanwalt Dr. Krusinger

Starting, förderndes Mitglied der SS, blieb bis zur Pensionierung aus Altersgründen im Amt. Sein Nachfolger Struve trat bereits zum 1.5.1933 in die NSDAP ein. 1948 wurde er von den Alliierten in die Kategorie IV (Mitläufer) eingestuft.

Die „Säuberung“ der Justiz durch das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ im April 1933 blieb in den Justizbehörden in Mönchengladbach ohne Folgen. Kein Richter oder Staatsanwalt war jüdischer Herkunft oder wurde von den Nazis als politischer Gegner eingestuft.

Die gerichtliche Verfolgung des Widerstands wurde überwiegend andernorts durchgeführt. Als „Hochverrat“ beurteilte Handlungen aus dem LG-Bezirk wurden vor dem VGH in Berlin oder in minderschweren Fällen vor dem OLG Hamm verhandelt. Für regimekritische Äußerungen im Sinne des neugeschaffenen „Heimtückegesetzes“ war das neu eingerichtete Sondergericht Düsseldorf zuständig. Dennoch kamen auch in MG die diskriminierenden und menschenverachtenden NS-Gesetze zur Anwendung. Zwei Beispiele:

Am LG verurteilte eine Strafkammer ab 1935 in mehreren Fällen jüdische Mitbürger wegen „Rassenschande“ zu Zuchthausstrafen, u.a. 1938 Dr. Berthold Lazar, der bereits 1933 wegen seiner jüdischen Herkunft in Königsberg aus dem Richteramt entlassen worden war. Nach Verbüßung von Haft und Aufenthalt im KZ Sachsenhausen floh Lazar nach Palästina. Nach dem Krieg wurde er Richter am LG, sicherlich eine Ausnahmegeschichte.

Das Schwurgericht am LG verurteilte Anfang 1934 zwei Viersener Kommunisten (Johann Konnertz und Jakob Sch.). I.Ü. tagte es nach dem Krieg am 16.6.1950 wegen Ausschreitungen in der „Reichspogromnacht“ in der „Königsburg“/Süchteln. Angeklagt waren 6 Männer wegen Demolierung des jüdischen Betsaales und Zerstörung der Wohnungseinrichtungen bei Jakob Lifges, Geschwistern Baum und Leopold Baum. Das Urteil erging bereits am Nachmittag: Die Angeklagten Pascher und Wefers wurden zu je 7 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Das Verfahren gegen Hunold und Mieland wurde eingestellt, weil es unter das „Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit“ vom 31.12.1949 fiel. ( Das „Amnestiegesetz“ erlaubte die Verfahrenseinstellung u.a., wenn eine Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten allein oder in Verbindung mit einer Geldstrafe bis zu 5.000.- DM zu erwarten war ). Drießen und Schnäbler wurden mangels Beweises freigesprochen.

Das AG Mönchengladbach war für den LG-Bezirk Sitz des „Erbgesundheitsgerichts“. Die von dort angeordneten Zwangssterilisationen wurden für den Viersener Beritt ausnahmslos im Allgemeinen Krankenhaus (AKH), Hoserkirchweg, durchgeführt. Leiter des AKH und Chefarzt der chirurgisch-gynäkologischen Station ab 1.1.1909 bis zu seinem Tod am 21.2.1939 : Dr. Hans Elter, Adolf-Hitler-Str.20 (heute: Bahnhofstr.). Sein Nachfolger wurde durch Beschluss vom 3.3.1939 Dr. Leo Martens, der zuerst als Assistent und ab 1932 als Oberarzt des Hauses und Vertreter von Elter tätig war. Vorsitzende des AKH-Vorstandes: Oberbürgermeister Gebauer (*1902,+1955, nach dem Krieg Anwalt in Wuppertal), danach OB Dr. Koch (*1894,+1957), beide Nazis und Juristen. Erbgesundheitsakten befinden sich im Stadtarchiv MG.

In Schritten wurde auch beim LG zugelassenen Rechtsanwälten die Existenzgrundlage entzogen. Die „Fünfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vom 27.9.1938 hob alle Anwaltszulassungen von „Nichtariern“ auf. Nur wenige jüdische Ex-Anwälte durften danach noch als „Konsulenten“ tätig werden, unter entehrenden Schikanen. Einziger „Konsulent“ in MG war Isidor Fürst (*25.8.1876, +16.3.1956). „Konsulenten“ durften nur Juden vertreten. Ehemalige jüdische Anwälte aus dem Raum MG wurden in KZ oder Arbeitslager verschleppt. Einigen gelang die Emigration.

Als Widerständler in Reihen der Staatsanwaltschaft MG ist bekannt Martin Gauger, der aus dem Staatsdienst entlassen wurde, weil er den Amtseid auf Hitler verweigerte. Mitglied der „Bekennende Kirche“. Vergast im Juli 1941 in der „Euthanasie“-Tötungsanstalt Pirna-Sonnenschein. 

Das Gros der Juristen unterstützte die Nazijustiz oder passte sich an. In MG war dies nicht anders.