Bereits 1933, im Jahr der "Machtergreifung" Hitlers, gründete sich in Süchteln eine Ortsgruppe der NS-Frauenschaft (NSF).
Frauen im NS in Süchteln
Die Nationalsozialistische Frauenschaft wurde im November 1933 in Süchteln gegründet.
“Eine stattliche Anzahl Frauen und Mädchen war im Saale von Wirtz zur Stelle. Es hatten sich die Kreisfrauenschaftsleiterin, Frau Neuhaus, und Ortsgruppenleiter Pg. [Parteigenosse] Holthaus eingefunden. Die Kreisfrauenschaftsleiterin ernannte zur Leitung der Süchtelner Frauenschaft, Frau Gies, und gab dann einen ausführlichen Einblick in das Aufgabenfeld der Frauenschaft, die hohe soziale und kulturelle Belange zu erfüllen habe.”
(aus dem zeitgenössischen Buch “Rückblick auf den Kreis Viersen-Kempen 1933-1938”, erschienen 1938)
Auch wenn diese Worte hochtrabend klingen: “hohe soziale und kulturelle Belange” sind im Sinne der NS-Ideologie zu verstehen, wonach die Frau überwiegend in ihrer Mutterrolle gefördert werden sollte. Die weiteren Tätigkeiten werden wir im Folgenden beleuchten.
Cilly Gies war ab 1933 die NS-Ortsgruppenleiterin in Süchteln. 1935 übernahm Agnes Schauerte, die in den Akten stets als „Frau Theodor Schauerte“, also als Ehefrau des Berufsschullehrers, bezeichnet wurde. Obwohl sie von 1935 bis 1936 die NS-Ortsfrauenschaft leitete, wurde sie in den Entnazifizierungsakten nach dem 2. Weltkrieg als „nicht überprüfungspflichtig“ eingestuft. Über die Gründe hierfür lässt sich nur spekulieren. Die Einordnung dürfte aber ein Zeugnis dafür sein, dass die angedachte Entnazifizierung auch in Süchteln in vielen Fällen versagte.
Nähen für die "Volksgemeinschaft"
Die Hauptaufgabe der Süchtelner Frauenschaft lag in Näharbeiten, ausgeführt in zwei dafür eingerichteten Nähstuben in Süchteln. Eine war im Johannistal untergebracht (mit 10 Nähmaschinen), die andere im Parteihaus. Hier verarbeiteten die Frauen Stoff für Betttücher, Unterwäsche und Kissenbezüge. Vor Weihnachten arbeiteten sie alte Kleidungsstücke um. Daneben wurde gestrickt, gehäkelt und gestickt. Die Leistung wurde in Stoffmetern gemessen und von der Zeitung bei einem Besuch vor Ort herausgestellt: “(…) vom 5.12.33 bis vor der Weihnachtswoche [wurden] 450 Meter geblichener Cretonne verarbeitet, 550 Meter Nessel, 250 Meter Bettuchnessel und 250 Meter Bettuchbiber zu Bettüchern, Kissenbezügen, Frauenhemden, Mädchenhemden, Kindertüchern und sonstigen Wäschestücken zurechtgeschnitten und genäht” (Volksparole vom 24.3.1934).
Die Zeitung schloss den Artikel mit einem Appell an Frauen, sich zu beteiligen: “Dieser kleine Überblick wird wohl ein wenig dazu helfen, (…) außenstehende Frauen davon zu überzeugen, daß auch für sie hier noch ein Betätigungsfeld wahrsten Sozialismus’ gegeben ist (…). Denn hier ist Gelegenheit gegeben, die große Idee der Volksgemeinschaft unseres Führers zu verwirklichen.”
Warum berichtete die Zeitung also so voller Lob über die NSF in Süchteln? Spätestens seit dem Schriftleitergesetz (Oktober 1933) war die freie Presse im Deutschen Reich Geschichte. Nur noch die Nationalsozialisten bestimmten, was in den Zeitungen gedruckt werden durfte. Gedruckte Kritik an den NS-Organisationen war also faktisch nicht mehr zu finden. Betrachtet man die Aktionen der NSF unter dem Aspekt, dass rund 6 Jahre später der zweite Weltkrieg ausbrach, so erscheint die Arbeit unter einem anderen Licht: bereits Ende 1933 wurde in Süchteln für die Arbeit an der “Heimatfront” trainiert, bspw. das Nähen von Winterkleidung für Soldaten im Osten.
Weitere Tätigkeit: Jugendbetreuung
Die Nationalsozialisten legten von Anfang an einen Fokus auf die Jugend, um Kinder und Jugendliche im Sinne der eigenen Ideologie zu erziehen. Auch die NS-Frauenschaft in Süchteln sollte sich daran beteiligen, Kinder aus dem (möglicherweise nicht Nazi-)Elternhaus herauszuholen. Unter dem Aspekt des “Image-Gewinns” wurden nationalsozialistische Frauen dazu aufgerufen, Kindern ein “Feriendomizil” zu bieten:
“Die NS-Frauenschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, möglichst viele Ferienkinder in Süchteln unterzubringen. (…) an die Bevölkerung [ist] der dringende Appell gerichtet, jede Unterbringungsmöglichkeit der Ortsfrauenschaftsleiterin mitzuteilen.”
(Volksparole 14.3.1934)
Wenn es auch nur ein kleiner Baustein war, so sorgten Maßnahmen wie diese doch dafür, dass die Erziehung von Kindern und Jugendlichen im Dritten Reich zunehmend im nationalsozialistischen Sinne geschehen konnte.
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