Die NSF in Viersen

Im Januar 1932, ein Jahr vor der "Machtergreifung", wird als eine der ersten selbständigen Untergruppierungen die NS-Frauenschaft Viersen ins Leben gerufen.

Frauen im NS in Viersen - Suggerierte Gleichberechtigung?

Bereits ein Jahr vor der Machtübernahme durch die Nazis wurde im Januar 1932 die Nationalsozialistische Frauenschaft in Viersen gegründet.

“12 Frauen waren bei ihrer Gründung 1932. Bei der Uebernahme der Frauenschaft als Leiterin übernahm Frau Beckers zirka 100 Mitglieder. Das war im Sommer des vergangenen Jahres, und heute dürfen wir auf die stattliche Mitgliederzahl von 510 Frauen zurückblicken.”

(aus der Zeitung “Volksparole” vom 13.02.1934, also rund zwei Jahre nach der Gründung der NSF Viersen)

Bei einer Gastrede in Viersen verdeutlichte 1934 die Dülkener NS-Frauenschaftsführerin die “Aufgabe der deutschen Frau”:

“…wie sie [die Frau] durch ihre heldenmutige Opferbereitschaft mit echt deutschem Stolz das Schicksal – und waren seine Schläge noch so hart – immer gemeistert hätte und daß sie auch heute im Kampfe um die Sache unseres Führers Schulter an Schulter neben dem Manne stehe und ebenso wie er, die ihr obliegenden Aufgaben erfülle. Dadurch, dass sie die höchste Aufgabe der Frau, die Mutterschaft, erfüllt, gibt sie dem Staate das, worauf der ganze Nationalsozialismus aufbaut, eine erbgesunde deutsche Jugend.”

Die Frau war in den Augen der Nationalsozialisten also nur dafür da, Kinder zu gebären. Dies sei “die höchste Aufgabe der Frau”. Um das NS-Weltbild zu festigen (der Mann kämpft beim Militär, die Frau dient am heimischen Herd), wird die Bedeutung der Mutterrolle mit militärischen Begriffen untermauert: so sei es “heldenmutige Opferbereitschaft”, wenn die Frau “im Kampfe um die Sache unseres Führer” ihre Aufgabe erfülle. Durch die Formulierung wird suggeriert, dass erst die Mutterrolle die Frau in eine Position bringe, in der sie “Schulter an Schulter neben dem Manne stehe[n]” würde. Allerdings zeigt die Sichtweise der Nationalsozialisten, dass sie in Wahrheit die Frau nicht als gleichberechtigt anerkannten.

Das Winterhilfswerk als Vorbereitung auf die "Heimatfront"

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Unmittelbar nach der Gründung der NS-Frauenschaft in Viersen waren die Frauen im „Winterhilfswerk“ aktiv. In den Gebäuden der früheren Firma Schaub auf der Lindenstraße unterhielt sie ein sogenanntes NS-Versorgungszentrum mit einer Volksküche, einer Nähstube und einer Wärmestube. Eine Bildreihe in der „Volksparole“ vom 7.12.1933 zeigt mit vier Fotos die Betätigungsfelder der Frauen. Die NS-Zeitung schrieb dazu:

“Man sieht, wie die Pakete zurecht gemacht werden, wie Kleider, Wäsche, Strümpfe verpackt werden und obendrauf ein Paar däftiger Schuhe das edle Hilfswerk krönt. (…) Eine andere Aufnahme zeigt die Kleiderkammer. Hier hängen Kindermäntel, Wäsche in großer Auswahl (…) und man bekommt einen Begriff von der Arbeit, die hier geleistet wird, wenn man hört, dass in den letzten Tagen über 500 Mahlzeiten ausgegeben worden sind. (…) die Kinderspeisung, die an verschiedenen Punkten der Stadt eingerichtet worden ist und in der die Kinder – mehrere Hundert an der Zahl einmal gründlich durchgefüttert werden (…)” (Volksparole 7.12.1933).

Betrachtet man die Aktionen der NSF unter dem Aspekt, dass rund 6 Jahre später der zweite Weltkrieg ausbrach, so erscheint die Arbeit unter einem anderen Licht: unmittelbar nach der Machtübernahme der Nazis wurde in Viersen für die Arbeit an der “Heimatfront” trainiert, bspw. das Nähen von Winterkleidung für Soldaten im Osten.

Entnazifizierung der Mitgliederinnen

Frau Tweer, Frau Beckers, Frau Hartwig sind die Namen von Frauen, die in den ersten Jahren die NS-Frauenschaft leiteten. Seit 1936 bis zum Kriegsende fiel auch der Name von Maria Frenzen, die in der Hauptstraße 108 (später „Haus der Partei“) die NS-Frauenschaft leitete.

Einzig von Käthe Tweer ist eine Entnazifizierungsakte im Landesarchiv NRW in Duisburg zu finden. Sie wird dort als zeitweilige Leiterin der NS-Frauenschaft in Viersen und als Ehefrau des kommissarischen Ortsgruppenleiters geführt wurde. 1940 hatte sie die Medaille für deutsche Volkspflege für ihre Mitarbeit in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) erhalten und 1942 den bronzenen Orden der NSDAP.
Käthe Tweer wurde in Kategorie III eingestuft und galt damit als „Minderbelastete“. Demnach galt für sie: „ Darf keine einflussreiche Stellung in öffentlichem, halb öffentlichem oder Privatunternehmen bekleiden. Darf ausserdem kein selbstständiges Geschäft irgendwelcher Art ausüben.“

Im Kreisarchiv Viersen ist ein „Verzeichnis der politisch belasteten Personen, die in Kategorie III eingestuft und als solche hier registriert sind“ vom 15. Juli 1949 erhalten. Unter den 28 Namen, die genannt werden, ist nur der einer einzigen Frau enthalten: Käthe Tweer!

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