Im Juni 2019 waren die Leute in Süchteln auf der Ratsallee ganz überrascht. Bei Bauarbeiten fanden sie einen Bunker aus dem 2. Weltkrieg. Wer hatte ihn gebaut? Und warum?
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Im Juni 2019 waren die Leute in Süchteln auf der Ratsallee ganz überrascht. Bei Bauarbeiten fanden sie in etwa einem Meter Tiefe ein großes Betonstück. Es war die Decke eines Bunkers aus dem 2. Weltkrieg. Der Bunker war mit starken Schienen verstärkt, die von der Firma Krupp gemacht wurden.
Nach einigen schweren Arbeiten sah man in dem kleinen Bunkerraum eine Stahltür. An dieser Tür war eine Treppe, die nach oben führte. Es gab auch alte Kabel und Schalter aus den 1930er Jahren. An den Wänden war ein Streifen, der leuchtete. Dieser Streifen half den Menschen, sich im Dunkeln zurechtzufinden.
Hinter Ziegelsteinen im Bunker gab es eine lange Betonröhre, die ungefähr 30 Meter lang war. Die Röhre war so breit, dass man im Notfall hindurch kriechen konnte. Sie endete an der Mauer zum alten Friedhof in Süchteln. Bis etwa 1970 war der hintere Teil des Grundstücks voller Obstbäume. Vorne stand ein altes Fabrikgebäude, das 1925 gebaut wurde. Die Leute dachten bei Fund des Bunkers schnell, dass ein mutiger Nachbar hier einen Schutzbunker für jüdische Menschen gebaut hatte.
Das Gelände gehörte der Familie Bochmann. Wer waren die Bochmanns?
Die Geschichte der Bochmanns
Gertrud Neumeyer wurde 1881 in Krefeld geboren. 1905 heiratete sie Ludwig Bochmann, der ebenfalls in Krefeld geboren wurde. 1924 kauften sie in Süchteln an der Ratsallee mehrere Grundstücke. Auf einem Grundstück, wo heute der Busbahnhof ist, bauten sie ihr Wohnhaus. Auf einem anderen Grundstück bauten sie eine Textildruckerei.
Die Firma Bochmann wuchs und hatte manchmal bis zu 70 Mitarbeiter. Das Foto links zeigt die Mitarbeiter/innen der Firma. Die Bochmann-Drucke waren sehr bekannt, auch über die Stadtgrenzen hinaus.
1928 starb ihr einziger Sohn. Das katholische Ehepaar galt als höflich und freundlich. Ludwig schenkte den Nachbarskindern oft Äpfel oder Birnen aus seinem Obstgarten. Auch unterstützten die Bochmanns Witwen ehemaliger Freunde mit Geld. Jeden Sonntag gab er am Fenster seines Hauses einem Waisenjungen Geld für das örtliche Kino. Allerdings gaben sie nie mit ihrem Geld an.
Ludwig starb 1957, und Gertrud lebte bis 1969 in ihrem Haus.
Die Rettung von Fritz Leven
Die Familie Bochmann versteckte einen Mann namens Friedrich Leven, den alle Fritz nannten, und seine Frau Clara. Fritz Leven wurde 1889 in Krefeld geboren. Er war Jude. Fritz arbeitete in einer Seidenweberei, die ihm seit 1924 sogar mitgehörte. Seit 1933 litt er unter der allgemeinen Judenverfolgung und musste am 30. September 1938 sein Geschäft in Krefeld schließen. 1943 wurde sein Haus bei einem Luftangriff zerstört.
Fritz Leven war mit einer Christin verheiratet, deshalb blieb er eine Zeit lang sicher. Im Herbst 1944 sollte er jedoch von der Gestapo verhaftet werden. Ludwig Bochmann half ihm und seiner Frau und versteckte die beiden fast 6 Monate lang. Die Bochmanns gaben ihnen Essen und Kleidung.
Als die amerikanischen Soldaten am 1. März 1945 in Süchteln ankamen, konnten Fritz und seine Frau endlich wieder raus. Sie überlebten, weil die Familie Bochmann ihnen half.
Nach dem Krieg kehrten Fritz und Clara Leven zurück nach Krefeld. Fritz half anderen, die auch in Not waren. Er starb 1962 im Alter von 73 Jahren.
Besonders riskant: der NSDAP-Ortsgruppenleiter von Süchteln, Josef Claßen, war quasi ein Nachbar von Bochmann, denn sein Haus auf der Ratsallee lag genau zwischen dem Wohnhaus von Bochmann und dem Fabrikgebäude. Mehrmals täglich passierte das ranghohe NSDAP-Mitglied das Versteck von Leven in nur wenigen Metern Entfernung! Wäre das Versteck entdeckt worden, wären alle Beteiligten vermutlich von den Nazis ermordet worden. Doch der Bunker blieb unentdeckt…
Blick in den ehemaligen Bunker.
Die Bochmanns waren bereit, ihr eigenes Leben zu riskieren, um anderen zu helfen. Sie standen gegen das Unrecht der Verfolgung von jüdischen Menschen auf. Sie haben nicht weggeschaut, sondern gehandelt und ihr Zuhause zu einem sicheren Ort gemacht. Das ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie man sich gegen Ungerechtigkeiten einsetzen kann.
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